FESTIVAL / CONGRESS

26.-28. SEPTEMBER 2025 * GÄNGEVIERTEL
Politik und Popkultur – theoretically speaking
Das UAF strebt an politische Perspektiven mit kulturellen Darbietungen innerhalb eines Festivals zu verbinden. Ebendiese Verbindung wird auf musiksoziologischer Ebene jedoch oft kritisiert, man muss nicht die Dialektik der Aufklärung (1944) von Adorno und Horkheimer gelesen haben, um dieser Kritik zu begegnen. Inwiefern politische Ziele noch im Vordergrund stehen, wenn Politik eher ein Mittel zum Zweck des Entertainments darstellt, ist eine wiederkehrende Frage. Daher lohnt es sich, sich etwas genauer mit dem Thema Politik und Popkultur auseinanderzusetzten. 

Soziale Bewegungen, wie es auch die Antifaschistische ist, zeigen sich hauptsächlich durch öffentliche Praxis (vgl. Rucht 2023: 104). Eines der bekanntesten Beispiele ist der Protest. Denn durch diesen können sie Missstände adressieren, Lösungen vorschlagen und Verantwortlichkeiten deklarieren. Es wird Bewegungen hierdurch erst möglich, eine Stimme nach außen zu entwickeln und Menschen zu erreichen. Ebendieses Erreichen anderer Menschen ist dabei wichtig, um nicht nur die politischen Einstellungen von Anderen zu verändern, sondern auch um gemeinsam einen politischen Wandel zu ermöglichen (ebd.: 108f.). Als äußerer Gegenspieler wird gesellschaftliche Unterstützung und Sichtbarkeit benötigt, um von den Vertreter:innen des Status Quo, die von diesem profitieren, nicht ignoriert zu werden (ebd.: 110). Solch eines Sichtbarkeit kann z.B. durch das Kreieren öffentlicher Spektakel erzeugt werden (ebd.: 106). Das UAF ist ein solches öffentliches Spektakel, welches kulturelle Praktiken nutzt, um Aufmerksamkeit und Zugänglichkeit für die wichtige Aufgabe des Antifaschismus zu schaffen.

Doch diese Verwendung führt auch zu einer Verflechtung von Kultur und Politik (vgl. Behrens 2015: 47). Durch diese Verflechtung wird das Politische zu einer kulturellen Verhaltensweise und zu einer Informationsware. Es folgt die Politisierung des Ästhetischen. Mit anderen Worten: Politik wird zu einer Ästhetik und einem Lifestyle-Produkt (ebd.). Dabei findet in der Popkultur eine Verschiebung der Verhältnisse statt. Eine politische Haltung wird nicht mehr von einem Lifestyle repräsentiert, sondern die politische Haltung stellt die Repräsentation des Lifestyles dar. 

Die Tatsache, dass für Kulturgüter bezahlt wird und mit ihnen gehandelt werden kann, gibt uns Auskunft darüber, dass sie Waren sind. Wenn nun Kulturwaren verflochten werden mit Politik, wird folglich auch diese zu einer Ware (vgl. Behrens 2015: 47). Motive wie Rebellion oder Subversion werden in Form von Szenekleidung ebenfalls warenförmig (ebd.: 49). Dieser Prozess findet jedoch nicht in der abstrakt vorstellbaren Popkultur statt, die nur in unseren Köpfen existiert, sondern in alltäglichen Handlungen und Erlebnissen, so auch auf einem politischen Festival. Immerhin sind solche Events trotz Abgrenzung zum Status Quo ebenso Teil gesellschaftlicher Verhältnisse. 

An diesem Punkt stellt sich die Frage, warum wir die Verflechtung von Kultur und Politik eingehen, obwohl wir nach dieser theoretischen Grundlage einen Vorgang verstetigen, welchen wir sonst kritisieren?

Die Antwort hierzu lässt sich bei genauerer Betrachtung in der Kritik finden! Denn um eben diesen Vorgängen entgegenzuwirken, müssen sie erstmal sichtbar werden. Der Ausweg aus diesen Mechanismen ist somit, die Widersprüche der Kulturindustrie zu benennen und so zu zeigen, was im Zuge der Unterhaltung untergegangen ist (ebd.). Daher nutzen wir in der Umsetzung des UAF die Kultur als Teil des Protests und verflechten sie so mit Politik unter dem Vorbehalt, dass unsere politischen Inhalte die gesellschaftlichen Verhältnisse kritisieren. Die geplanten Panels und Workshops benennen die Widersprüche unseres Systems und zielen darauf ab, Verhältnisse offenzulegen, statt sie zu verschleiern. 

Die Kritik an der Verbindung politischer Perspektiven und kultureller Darbietungen hat also auch auf theoretischer Ebene eine Begründung. Trotzdem kann diese Verbindung ein nützliches Mittel sein, um andere Menschen für eben diese Perspektiven zu begeistern und so Unterstützung sowie Solidarität zu erfahren. Der Schlüssel zwischen den Ansätzen scheint eine veränderte Praxis zu sein, welche die Widersprüche aufzeigt und die politischen Inhalte nicht nur zu einer ästhetischen Hülle werden lässt. 


Literaturverzeichnis
Behrens, Roger (2015): Kulturindustrie, Bd. 15, Bielefeld: transcript Verlag.

Rucht, Dieter (2023): Social Movements: A Theoretical Approach, Oxford: Oxford University Press.